Biowasserstoff-Magazin

Klarstellungen

400 Milliarden Euro in den (Wüsten−)Sand gesetzt?

Lesen Sie, was Arno A. Evers vom DESERTEC-Projekt hält - hier ein Zitat:

DESERTEC - Wo liegt der "Haken"?

Der Haken liegt in dem erneut zentralen Ansatz dieser Idee: DESERTEC ist nur durch kapitalintensive Grossprojekte realisierbar. Genutzt werden alte Technologien, wie die Erzeugung von Strom mithilfe von Turbinen und Generatoren, mit längst abgelaufenem "Verfallsdatum".

Der Haken liegt auch in den bestehenden Strukturen der (weltweiten) Elektrowirtschaft, die durch Projekte wie DESERTEC nur weiterhin langfristig festgeschrieben werden.

Dr. Hermann Scheer meint dazu: "...DESERTEC kann zu einer großen Subventionsruine werden und sich als 'Fata Morgana' erweisen – es sei denn, es wird dazu genutzt, den dynamischen Ausbau erneuerbarer Energien hierzulande willkürlich zu stoppen...".

Diese Gefahr sehe ich auch, zumal wenn man an die geballte "Lobby−Kapazität" der genannten Konsortiums−Firmen denkt. DESETEC nimmt auf seiner Webseite auch "Spenden" an.

Ein weiteres großes Problem einer sicheren Energieversorgung ist heute die Abhängigkeit vom Ausland. Daran ändert sich gar nichts, wenn wir uns von einer Abhängigkeit in die andere begeben.

Zitat-Ende

Den gesamten Artikel finden Sie in der 38. Ausgabe von "Arno's EnergieGedanken" vom 23.06.2009.

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DESERTEC und kein Ende...

Jetzt soll es also losgehen mit dem Bezug von Sonnenstrom aus den Wüsten Afrikas.

In Funk, Fernsehen und Presse wurde verkündet, dass man sich einig ist und das DESERTEC-Projekt auf den Weg bringen will.

Mit dem DESERTEC-Projekt könnte eine neue Zeit der Kolonialisierung armer Wüstenländer bei gleichzeitiger Stützung feudalistischer, aber auch korrupter und diktatorischer Herrscher eingeläutet werden, die uns Europäer anschließend von der großen Abhängigkeit von Öl- und Gas-Multis in eine noch größere Abhängigkeit von den Herrschern der Wüsten bringt.

Gute Nacht, Europa!

Aber warum überhaupt 400 Mrd. Euro für 15 % Strom aus der Wüste ausgeben, wenn wir für 35 Mrd. Euro 100 % Energie (Strom und Wärme) mit einer dezentralen Biowasserstoff-Wirtschaft in Deutschland erreichen könnten? Natürlich ließe sich eine solche auch ein fast allen anderen EU-Ländern einführen.

Mehr dazu am Ende dieses Beitrags » Die bessere Lösung.

Doch zuvor eine Übersicht über das DESERTEC-Projekt und einige Zitate aus aktuellen Pressestimmen.

Zitat
ZEIT ONLINE, 13.07.09
Energieversorgung
Konsortium gibt Startschuss für Desertec-Projekt
Binnen drei Jahren wollen die Initiatoren der Sonnen-Kraftwerke in Afrika realisierungsreife Pläne vorlegen. Das Energie-Potenzial der Wüstenregionen ist enorm…

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Pressemitteilung vom 13. Juli 2009 - Quelle: http://www.desertec.org/de/presse/pressemitteilungen/090713-01-versammlung-desertec-industrial-initiative/
12 Unternehmen planen Gründung einer Desertec Industrial Initiative

München – 12 Unternehmen haben heute in München ein „Memorandum of Understanding“ zur Gründung einer Desertec Industrial Initiative Planungsgesellschaft (DII) unterzeichnet. Ziel dieser Initiative ist die Analyse und Entwicklung von technischen, ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen zur CO2-freien Energieerzeugung in den Wüsten Nordafrikas. Dieses von der TREC-Initiative des Club of Rome entwickelte DESERTEC-Konzept beschreibt die Perspektiven einer nachhaltigen Stromversorgung für alle Regionen der Welt mit Zugang zum Energiepotenzial von Wüsten. Die Gründungsunternehmen der DII, deren regionaler Fokus auf Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika (MENA) liegt, werden sein:  

Die Unternehmen beabsichtigen die Gründung einer Planungsgesellschaft, zu deren Gesellschaftern auch die DESERTEC Foundation gehören wird. Die Vereinbarung wurde im Beisein hochrangiger Repräsentanten aus der deutschen und der internationalen Politik unterzeichnet. 

Zu den wesentlichen Zielen der DII gehören auch die Erarbeitung konkreter Geschäftspläne und darauf aufbauender Finanzierungskonzepte sowie der Anstoß zu industriellen Vorbereitungen zum Bau einer 
Vielzahl vernetzter und über die MENA-Region verteilter solarthermischer Kraftwerke. Es wird angestrebt, einen Anteil von rund 15 % des Strombedarfs von Europa und einen erheblichen Anteil des Strombedarfs für die Erzeugerländer zu produzieren. Alle Tätigkeiten der DII sind darauf ausgerichtet, umsetzungsfähige Investitionspläne innerhalb von drei Jahren nach Gründung zu erstellen. Diese klare Umsetzungsorientierung der Initiative ist in den DII-Principles verankert, die alle künftigen DII-Gesellschafter anerkennen. 

Neben den Geschäftschancen für die Unternehmen ergeben sich weitere ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Potenziale:  

Soweit die Pressemeldung von Desertec.org

Zitat von http://www.tagesschau.de/wirtschaft/desertec108.html
Das Wüstenstrom-Projekt Desertec soll innerhalb von gut drei Jahren fertige Pläne zum Bau von Solarkraftwerken in Nordafrika vorlegen. Zwölf Unternehmen unterzeichneten in München eine Absichtserklärung zur Gründung der Firma Desertec Industrial Initiative (DII) bis Ende Oktober.
Hauptinitiatoren des Projekts ist die größte Rückversicherungsgesellschaft der Welt, die Münchener Rück, und der Club of Rome. Außerdem beteiligen sich unter anderem die Energiekonzerne RWE und E.ON sowie der Technologiekonzern Siemens und die Deutsche Bank. Über einen Zeitraum von 40 Jahren sind Investitionen in Höhe von 400 Milliarden Euro im Gespräch. Noch im Oktober soll eine Planungsgesellschaft gegründet werden. Sie soll die wirtschaftlichen, politischen, technischen und ökologischen Rahmenbedingungen für das Projekt analysieren.

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Zitat von: http://www.eco-world.de/scripts/basics/econews/basics.prg?a_no=20016

Bundesländer unterstützen das DESERTEC-Projekt Umweltminister Christian von Boetticher und Club of Rome Deutschland-Präsident Max Schön: "Bundesländer unterstützen das DESERTEC-Projekt"

Umweltminister Dr. Christian von Boetticher und Max Schön, Präsident der Deutschen Gesellschaft des Club of Rome, haben eine Initiative vorgestellt, mit der die deutschen Bundesländer das so genannte DESERTEC-Projekt für eine Energieversorgung Europas, Nordafrikas und der arabischen Halbinsel auf Grundlage erneuerbarer Energien unterstützen. "Das Projekt wird nicht nur die europäische Energieversorgung revolutionieren und auf eine neue, klimafreundliche Grundlage stellen.

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Zitat von: http://www.die-topnews.de/desertec-projekt-wird-von-toepfer-begruesst-361116

Desertec-Projekt wird von Töpfer begrüßt

14. Juli 2009
Länder, in denen die Sonne «geerntet wird», sollen «Vorteile aus den Energie-Investitionen haben»

Das am Montag in München formell besiegelte Desertec-Projekt zur Förderung von Solarenergie in der Sahara wurde vom langjährigen Leiter des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, sehr begrüßt.

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Zitat von : http://www.n-tv.de/politik/pressestimmen/Blutiger-Strom-befuerchtet-article409985.html
Pressestimmen
Montag, 13. Juli 2009

Das Desertec-Projekt

"Blutiger Strom" befürchtet

Desertec ist eine große Vision - eine, die viele Chancen, aber auch hohe Risiken birgt. Afrika und Europa könnten näher aneinander rücken. Oder aber die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer. Und dann besteht die Gefahr, dass blutiger Strom fließt.

Für den Trierischen Volksfreund ist die Idee, "in den Wüsten Nordafrikas in solarthermischen Kraftwerken Strom für Europa zu erzeugen", eine "große Vision", die nämlich, "dass sich sauberer Strom auf der Welt erzeugen lässt, und zwar im Überfluss". "Und dass es Menschenwerk sein wird, sie zu nutzen." Bei diesem Menschenwerk begännen jedoch die Risiken und Nebenwirkungen: "Wer es gut meint mit der Vision von 'Desertec', muss sie herunterholen ins Reich der Realitäten." Das Wie liefert das Blatt gleich mit: "Er muss sie den zwölf beteiligten Konzernen wegnehmen. Dieses Produkt muss den Nordafrikanern gehören. Sie müssen befähigt werden, solarthermische Kraftwerke aufzubauen und zu betreiben." Das sei die Zielsetzung, mit der das Projekt das "zentrale Zukunftsprojekt der neu gegründeten Mittelmeerunion und damit der europäischen Entwicklungspolitik für Nordafrika werden" sollte. "Falls später einmal ein paar Gigawatt für uns abfallen - umso besser."
……

Kritisch betrachtet die Rhein-Zeitung das Solarprojekt: "Afrika ist der Kontinent mit der am schnellsten wachsenden Bevölkerung der Welt. Aber 15 bis 25 Cent pro Kilowattstunde kann dort niemand zahlen. Wenn dort das Licht flackert und die Menschen gleichzeitig sehen, dass ihr Land benutzt wird, um die Glitzerwerbung an den Boulevards von Paris oder Berlin leuchten zu lassen, wird das nicht gut ausgehen." Das Projekt sei eine Geldmaschine, die "Verwerfungen zwischen Arm und Reich drastisch verstärken" werde. Einen "blutigen" Strom befürchtet das Blatt aus Koblenz/Mainz: "Wenn nur die Despoten und ihre Vasallen dadurch reicher werden sollten, wenn die Militärapparate noch ausgebaut werden - natürlich unter dem Vorwand, die Transportleitungen nach Europa zu sichern - dann wird dieser Strom bald nicht mehr sauber sein."
…….

Sicherheitsbedenken äußert die Kölnische Rundschau - allerdings einseitig mit Blick auf die Energieempfänger: "Es könnte also wirklich ernst werden. Wie ernst, das macht schon die Zusammensetzung des Wüstenstrom-Konsortiums um den Versicherungsriesen Münchner Rück deutlich. Hier wird keine Utopie via Faltblatt verteilt, sondern hier geht es um konkrete Machbarkeit und damit auch um greifbare Chancen und Risiken." Ein weniger großes Problem sei die Finanzierung: "Verteilt auf 40 Jahre werden aus 400 Milliarden Euro Beträge, die die beteiligten Konzerne durchaus aufbringen könnten." Doch ein anderes wiege viel schwieriger: das Problem der Sicherheit. Denn "die möglichen Solarkraftwerke würden in einer Region gebaut, in der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Mangelware sind". "Welche Sahara-Länder sind politisch stabil und als Energielieferanten verlässlich?"

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… genau das sind auch unsere Bedenken und Vorbehalte!

Zitat von: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,635811,00.html

Experten zweifeln an Wüstenstrom-Wunder

Von Yasmin El-Sharif
Es zählt zu den größten Energieprojekten überhaupt. Dank der Desertec-Initiative soll Europa in Zukunft Öko-Strom aus der Sahara beziehen. Doch Politiker und Experten sind skeptisch: Das Vorhaben sei zu teuer, die Technik zu kompliziert und die Umsetzung dauere zu lang.

Zitat-Ende

 

Das absolut Frechste kommt zum Schluss:

Auf der Seite http://www.desertec.org/de/ihr-beitrag/ihre-stimme/ wirbt die DESERTEC-Foundation um Stimmen. Das finden wir ja noch normal und in Ordnung.

Aber rechts am Rand der Seite kommt unter 'WHAT YOU CAN DO' unter anderem auch eine Aufforderung zum Spenden. Mastercard, Visa, GiroPay und EC-Karten sind willkommen - auch PayPal funktioniert.
Übrigens befindet sich auf jeder Webseite oben rechts eine auffällige rote Schaltfläche: 'PLEASE DONATE' - also 'Bitte spenden Sie'…

Das schlägt nun doch dem Fass den Boden aus!

Da will also ein Konsortium von zwölf namhaften und vermögenden Unternehmen, Institutionen usw. ein Projekt von 400 Milliarden Euro in die Wüste setzen und muss um Spenden betteln! Damit das alles gut funktioniert, hat man die DESERTEC Foundation als eine gemeinnützige Stiftung gegründet, und will so deren Unabhängigkeit durch finanzielle Unterstützung vieler privater Spender gewährleisten.

Unabhängigkeit - vom wem, bitte? Die beteiligten Gesellschaften geben die Richtung vor und bestimmen, wo es lang geht! Vielleicht will man ja unabhängig sein von Politikern und Kritikern, die auch die Risiken und Gefahren des Projektes sehen…

Spenden Sie also ruhig, je mehr, umso besser. Dann wird das DESERTEC-Projekt vielleicht auch mit Ihrem Geld auf den Weg gebracht und die Gesellschafter (natürlich außerhalb der Stiftung) verkaufen Ihnen dann - wenn es fertig ist - den Wüstenstrom zum extrateuren Vorzugspreis, weil Sie ja damit auch was Gutes für die Umwelt tun. Tolle Masche, oder?

Da sieht man, mit welcher Raffinesse hier gearbeitet wird.

Ach ja, noch etwas: Wenn das DESERTEC-Projekt gestartet ist und finanziell 'aus dem Ruder läuft' dann kann man ja auch nach dem Staat rufen. Schließlich handelt es sich ja um ein fundamentales, systemrelevantes Projekt, welches zur Aufrechterhaltung der europäischen Stromversorgung unverzichtbar ist. So, wie einige Banken das ja auch waren, nachdem sie durch Gier und Dummheit 'an die Wand gefahren' wurden.

Die bessere und billigere Lösung

Dabei gäbe es eine sehr viel bessere und billigere Lösung - Biowasserstoff, dezentral vor Ort erzeugt.

Ein Rechenbeispiel von Klaus Hesse (Weitere Details finden Sie bei http://fwg-gross-bieberau.de/95.0.html oder direkt unter http://fwg-gross-bieberau.de/fileadmin/user_upload/Bevoelkerungszahl_BRD_Europa_Bio-Wasserstoff_-Desertec_Nordafrika_Gegenueberstellung_13.7.2009_KH.pdf):

 

Fakten

Für eine Umstellung auf Bio-Wasserstoff werden für Deutschland ca. 35 Mrd. Euro benötigt.
Deutschland hat rund 82,3 Mio. Einwohner. Erforderliche Investition pro Einwohner:

35.000.000.000 : 82.300.000 = 425,27 € pro Einwohner

Hiermit wären 100% des Strombedarfes und Wärmebedarfes abgedeckt und auch der Treibstoffbedarf für PKW, LKW, und andere.

Rechnet man die erforderlichen Investitionen auf die gesamte EU mit rund 495,3 Mio. Einwohnern hoch, ergeben sich folgende Werte:

425,30 Euro pro Einwohner x 495,3 Mio Einwohner EU = 210,64 Mrd. Euro

Für insgesamt knapp 211 Mrd. Euro könnte die gesamte EU komplett mit Strom, Wärme und Treibstoff versorgt werden, wenn man die dezentrale Biowasserstoffwirtschaft flächendeckend einführen würde.

Für das DESERTEC-Projekt werden 400 Mrd. veranschlagt, um damit 15 % des Strombedarfs für die EU abzudecken. Da fehlen dann die restlichen 85 % Strom UND die Wärme UND der Treibstoff!

Warum also sollten wir für DESERTEC sein? Es gibt für uns keinen Grund, in Deutschland Strom aus dem DESERTEC-Projekt zu beziehen! Zu teuer, zu unsicher, zu problematisch!

Dezentrale Biowasserstoffwirtschaft

Wir müssen uns für eine dezentrale und flächendeckende Biowasserstoffwirtschaft einsetzen und diese auf den Weg bringen! Wie das geht, haben wir in mehreren Ausgaben unserer Biowasserstoff-Magazine aufgezeigt.

Nur so können wir unabhängig werden - von den Öl- und Gaslieferländern UND von den Monopol-Energiekonzernen. Außerdem ist diese Lösung billiger, wir bekommen Sicherheit und Unabhängigkeit in der Energieversorgung und sowohl die Arbeitsplätze als auch das Kapital bleiben bei uns in Deutschland!

So können wir unabhängig bleiben von den Herrschern der Wüstenstaaten.
Und das alles mit preiswerter, bezahlbarer, umweltfreundlicher und sauberer Energie!

Wir können das aber nur erreichen, wenn wir das auch WOLLEN. Wir, das sind wir Bürger, also auch Sie. Darüber sollten alle mal nachdenken.

Solange wir uns allerdings von geschickt taktierenden Politikern und Pressesprechern der Konzerne Sand in die Augen streuen lassen und glauben, dass mit DESERTEC alles besser wird und dann nur noch die Laufzeiten alter, maroder Kernkraftwerke verlängert werden müssen, damit wir genug und billige Energie haben - solange wird sich nichts ändern.

Allerdings könnten bei einem Einstieg in die echte Wasserstoffwirtschaft mit dezentraler Biowasserstoffherstellung die großen Energiemultis nicht mehr so fette Gewinne machen und ihre Macht wäre auch dahin. Deshalb ist zu befürchten, dass sie alles tun werden, um diese für alle Verbraucher und die Umwelt gute Umstellung zu torpedieren und zu verhindern.

Es wird ein langer und steiniger Weg und es gilt JETZT die Weichen richtig zu stellen. Das fängt mit der Wahl der 'richtigen' Politiker und Parteien an und hört bei einer guten Öffentlichkeitsarbeit noch lange nicht auf. Je mehr Menschen begreifen, welche Chancen eine dezentrale Biowasserstoffwirtschaft bietet und was hier vor sich geht, um die Monopolstellung einiger weniger Energiekonzerne zu festigen, umso eher können wir etwas in Richtung Bio-Wasserstoff und dezentrale Herstellung erreichen.

17.07.2009

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Der (Alb-)Traum vom Wüstenstrom

Desertec Projekt: Energie für den ganzen Planeten (Aktualisiert 01.03.2009)

Strom ohne Ende - das DESERTEC Projekt der Deutschen Gesellschaft Club of Rome befasst sich mit Perspektiven erneuerbarer Energien und Fortschritte im Bereich der Gleichstrom-Hochspannungstechnik. Dadurch sind Überlegungen aufgekommen, einen  Energieverbund mit nordafrikanischen Wüstengebieten zu realisieren. Am Meer nutzt man Windenergie, in der Wüste Spiegelkraftwerke. In Kalifornien arbeiten Spiegelkraftwerke schon seit 20 Jahren zuverlässig.

Lediglich Spiegelkraftwerke auf einer Fläche von der Größe Österreichs wären nötig, um den ganzen Planeten mit Strom-Energie unabhängig von Öl, Kohle, Atom und Gas zu machen! Für Europa reicht ein Fünftel davon. 

Die deutsche Bundesregierung steht dem Solarstromverbund mit Afrika positiv gegenüber und betont, dass der Ausbau der solarthermischen Stromerzeugung in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens in Verbindung mit einem Stromverbund im Mittelmeerraum im gesamteuropäischen Interesse liege. Es biete sich an, auch im Rahmen des "Barcelona Prozesses: Union für das Mittelmeer" entsprechende Programme und Projekte zu realisieren. 

Strom ohne Ende - Sonnenenergie aus der Wüste

Projekt Desertec: Der kühne Traum, “grünen” Strom über tausende von Kilometern hinweg vom mittleren Osten und Nordafrika nach Europa zu transportieren.

Dazu ein Zitat aus Wikipedia:

“Das DESERTEC Konzept sieht vor, im Nahen Osten (engl. Middle East) und Nord-Afrika (MENA) mit Hilfe von Solarthermischen Kraftwerken und Windparks die Wasserentsalzung und Stromerzeugung voranzutreiben und den sauberen Strom dann mittels HVDC-Leitungen (High Voltage Direct Current = Hochspannungs-Gleichstromübertragung) in diese Länder und ab 2020 (mit insg. nur 10-15 % Übertragungsverlust bis nach Europa zu leiten.

Hinter dem Projekt steht die Trans-Mediterranean Renewable Energy Cooperation (TREC), eine Initiative, die sich für die Übertragung von in Wüstenregionen erzeugtem Solar- und Windstrom nach Europa einsetzt. TREC wurde 2003 vom Club of Rome, dem Hamburger Klimaschutz-Fonds und dem Jordanischen Nationalen Energieforschungszentrum (NERC) gegründet und hat das DESERTEC Konzept entwickelt und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt wissenschaftlich untersucht.”
Zitat-Ende

Ein Zitat aus www.umweltbrief.de:

Sahara elektrisiert Europa
Von Algeriens 2,38 Millionen Quadratkilometern sind 80% Wüste, über der ständig die Sonne scheint. Das könnte theoretisch sämtliche Energieprobleme der Welt lösen: Algeriens Solarenergiekapazität liegt bei 170.000 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr - der globale Energieverbrauch betrug 2005 knapp 140.000.

Solarprojekte in Algerien haben daher Hochkonjunktur. "Trec" (Transmediterrane Erneuerbare Energiekooperation), eine 2003 entstandene Kooperation des Club of Rome mit mehreren Forschungszentren, hat ein Konzept erarbeitet, Solarstrom aus Südalgerien nach Europa zu exportieren - "von Adrar nach Aachen".

Das Kabel soll über Sardinien und die Alpen nach Deutschland führen und zwei Milliarden Euro kosten. Teurer, mit bis zu 18 Milliarden, wären die Solarkraftwerke. 
Mehr bei http://www.taz.de/digitaz/2008/07/18/a0042.nf/text
Zitat-Ende

Eigener Kommentar
„… Von Algeriens 2,38 Millionen Quadratkilometern sind 80% Wüste, über der ständig die Sonne scheint….“ heißt es in dem Zitat. Auch nachts? Nachts scheint auch in den Wüstengebieten keine Sonne. Das im Parabolrinnen-Kraftwerk Andasol verwendete Prinzip erzeugt aus Sonnenstrahlen Wärme, die dann mittels Dampfturbine in Strom umgewandelt wird. Ein Teil der tagsüber eingefangenen Wärme wird in Salztanks gespeichert und kann dann nachts, wenn keine Sonne scheint, zur Stromerzeugung verwendet werden. Zusätzlich will man dann noch als Ergänzung Windkraftwerke installieren, die immer dann Strom erzeugen, wenn Wind weht.

„Stromübertragung per Kabel - von Algerien über Sardinien nach Deutschland…“ heißt es weiter.

Aber: Übertragungsverluste, Kabeldefekte, neue Abhängigkeiten, Sabotage- und Terrorgefahr, Durchleitungsgebühren - habe ich etwas vergessen? Die Übertragungsverluste wären noch das geringste Problem. Die Abhängigkeiten von den Wüstenländern - bzw. deren Herrschern - bereitet mir dagegen große Sorgen. Ebenso die Tatsache, dass wir dann zwar unabhängiger werden von teuren Öl- und Gasimporten, aber auch dann wieder viel Geld aus Deutschland (und den anderen EU-Ländern, die sich beteiligen) abfließt und in Regionen landet, die politisch nicht unbedingt als stabil einzustufen sind. Ob die Armut in diesen Ländern durch den Geldsegen gemildert wird, ist ebenfalls fraglich. Vielleicht bauen dann weitere Staaten noch höhere Superwolkenkratzer wie in Dubai und hoffen auf Einnahmen durch reiche Touristen… Neue Arbeitsplätze entstehen also dort und nicht bei uns!

Natürlich haben diese mehrere tausend Kilometer langen Gleichstromkabel auch positive Aspekte: Wenn sie bei Sabotage- oder Terroranschlägen gesprengt werden, dann fließt wenigstens kein Öl oder Gas aus und die Umwelt wird nicht verschmutzt…

Soweit, so gut.  

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» Eine Vorwarnung(?!)

So schnell kann das manchmal gehen. Eine Meldung vom 20.12.2008:
Quelle: http://www.pcwelt.de/start/dsl_voip/online/news/189978/telefon_und_internetverkehr_nach_asien_gestoert/index.html

Zitat

Telefon- und Internetverkehr nach Asien gestört

von dpa - 20.12.2008, 15:53 Uhr

Die Unterbrechung von drei Unterseekabeln im Mittelmeer hat am Freitag zu einer Störung des Telefon- und Internetverkehrs zwischen Europa und Asien/Nahost geführt.

Telefon- und Internetverkehr nach Asien gestört
Die Verbindung wurde im Mittelmeer zwischen Sizilien und Tunesien in einem Teilstück von Sizilien nach Ägypten unterbrochen. Die Ursache sei noch unklar, sagte ein Sprecher der France Télécom der dpa in Paris. Wahrscheinlich seien die Kabel durch einen Anker oder ein Fangschiff getrennt oder bei einem Seebeben unterbrochen worden. Die Probleme dürften bis Silvester behoben sein.

Die Verbindungen zwischen Unternehmen in Asien und Europa wurde größtenteils über die USA umgeleitet. Der Telefonverkehr war stärker betroffen als die Internetverbindungen. France Télécom bezifferte beispielsweise den Kapazitätsausfall für Telefonate nach Saudi-Arabien auf 55 Prozent und für Gespräche nach Indien auf 82 Prozent. Ein Kabelleger mit 20 Kilometern Ersatzkabel sei zur Reparatur unterwegs.

Zitat Ende

Internet und Telefon kann man umleiten. Wenn - wie bei dem DESERTEC-Projekt geplant - Hochspannungsstromkabel von den Wüstengebieten durch eben genau dieses Mittelmeer verlaufen und diese dann beschädigt werden, dann hätten wir mal eben so für zwei Wochen keinen Strom, dafür aber vermutlich tausende verschmorte und verendete Meeres-Lebewesen, die an der Wasseroberfläche treiben.

 

Stellen wir uns das Projekt einmal fertig vor

Die möglichen Gebiete

Die Gebiete für die Solarplantagen umfassen folgende Länder:

Spanien, Marocco, Mauretanien, Algerien, Mali, Niger, Tschad, Sudan, Tunesien, Libyen, Agypten, Äthopien, Griechenland, Türkei, Syrien, Irak, Jordanien, Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Iran, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Jemen. Auch Portugal und Italien (der Süden) wären gut geeignet.

Spanien, Portugal, Italien und Griechenland gehören zur EU und können damit als sichere Länder mit stabilen Verhältnissen eingestuft werden. Verträge mit diesen Ländern dürften auf lange Zeit als verlässlich gelten. Auch bliebe das Geld hier wenigstens innerhalb der EU-Länder.

Ganz anders sieht es in vielen anderen Ländern aus. Libyen, Algerien usw. möchte ich nicht als auf längere Sicht verlässliche Partner einstufen. Zwar dürften die jeweiligen Herrscher an den Einnahmen aus den Stromlieferungen stark interessiert sein und so alles tun, um diese ungestört aufrecht zu erhalten. Aber es gibt Gruppierungen, die diese eher westlich ausgerichteten Herrscher gerne stürzen möchten, um ‚Gottesstaaten‘ zu errichten oder einfach nur selbst die Macht zu übernehmen. Das geht am besten, wenn man die vorhandenen Herrscher schwächt, zum Beispiel, indem man ihnen durch Sabotage und Terroranschläge die Einnahmen aus den Stromlieferungen nimmt.

Dann sitzen die Menschen in den Abnehmerländern im Dunkeln.

Zwar heißt es, dass ‚nur‘ bis zu 15 Prozent unseres Stroms aus den Wüstenländern kommen sollen. Aber auch das würde schon kein geringes Problem darstellen, wenn diese 15 Prozent für längere Zeit ausfallen. Ganz abgesehen davon, dass viel Geld in Länder fließt, deren mögliche künftige Herrscher uns nicht auf Dauer wohl gesonnen sind.

Energiespeicherung

Man müsste also Energie zwischenspeichern, um die Zeiten zu überbrücken, wo kein Strom aus Sonnen- und Windenergie verfügbar ist. Und genau das ist das Problem. Bei der Stromerzeugung in den Wüstenländern wird Wärme direkt vor Ort zwischengespeichert, um auch nachts Strom liefern zu können. Wenn die Stromlieferungen aber ausfallen, dann fallen auch die Speichermöglichkeiten mit aus.

Strom, der zu uns über die Hochspannungskabel kommt, kann man aber nicht so gut direkt bei uns speichern - im Gegensatz zu Erdöl und Gas. Akkus für einige Megawatt, das geht eben nicht.

Zwar geistern schon Ideen herum, dass man nur genügend Elektroautos mit leistungsfähigen Akkus haben müsste, die bei Bedarf auch wieder Strom an das Stromnetz abgeben könnten. Aber wie soll das funktionieren? Nachts, wenn das Auto in der Garage steht, muss ich die Akkus meines Elektroautos aufladen, damit ich am Tag damit fahren kann. Ich kann also nachts keinen Strom abgeben, ich benötige welchen, um die Akkus aufzuladen. Und wenn ich tagsüber mit dem Auto fahren will (oder muss), kann ich auch keinen Strom abgeben.

Es bleibt also noch die Möglichkeit, den Strom umzuwandeln, z.B. in Wasserstoff, den man dann speichern kann. Wenn man Strom aus dem gespeicherten Wasserstoff benötigt, dann muss dieser wieder zurück gewandelt werden. Beides bedeutet nicht unerhebliche Verluste, die noch zu den Übertragungsverlusten zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsort hinzu kommen.

Um diese Verluste gering zu halten, werden die Energiekonzerne versuchen, die Speicherung, z.B. über den Zwischenweg Wasserstoff, so gering wie möglich auszulegen, also höchstens für einige Stunden bis wenige Tage.

Energiesicherheit

Von den bisher verwendeten Primärenergien Öl, Gas und Uran sind wir es gewohnt, dass man diese fast beliebig lang zwischenspeichern kann. So können Vorräte für mehrere Wochen bis mehrere Monate angelegt werden. Fällt ein Lieferant aus, oder fallen mehrere Lieferanten aus, bleibt genug Zeit, nach Lösungen zu suchen.

Bei der zuvor aufgeführten Problematik des 'Wüstenstroms' bleibt nur eine sehr geringe Zeit, um Lösungen zu finden - danach gehen die Lichter aus.

Ausfälle bei den geplanten 'Wüstenstromlieferungen' können viele Gründe haben:

Technische Defekte, Sabotage/Terroranschläge, Leitungsbruch oder ganz einfach Unwilligkeit auf der Lieferantenseite, weiter Strom zu liefern, weil er mehr Geld möchte und so Druck machen kann.

In vielen der für Solarplantagen aufgeführten Ländern sind weder die politische Lage noch die Regierungen stabil und Verträge/Vereinbarungen stehen somit auf wackeligen Beinen. Außerdem gibt es keine Kontrollmöglichkeiten, wohin das Geld, welches wir für die Lieferung des Stroms zahlen, wirklich fließt. Ob alle Menschen in den Erzeugergebieten etwas davon haben, oder ob nur einige Feudalherren in Saus und Braus leben - das können wir nicht beeinflussen.

Abhängigkeiten - wird der Traum zum Albtraum?

Zurzeit sind wir sehr stark abhängig von Öl-, Gas und Uranimporten. Allerdings gibt es bei diesen Energien gute Speichermöglichkeiten und damit genügend Vorräte. Öl und Gas kann man notfalls auch per Schiff transportieren, wenn eine Pipeline längere Zeit ausfällt.

Bei dem Wüstenstrom ist dies nicht möglich.

Wir geraten also von einer großen Abhängigkeit in eine noch größere. Wollen wir das? Können wir uns das leisten? Können und wollen wir das einfach so akzeptieren?

Für die Herrscher der Wüstenländer, die großen Energiekonzerne und die Leitungsbetreiber mag es der Traum vom Wüstenstrom sein. So können sie auch nach dem Versiegen des Öls den Markt weiterhin beherrschen und kräftig abkassieren.

Für alle anderen kann so der Traum vom Wüstenstrom zum Albtraum werden!

Bessere Lösungen

Wäre es nicht viel besser, wenn der größte Teil der benötigten Energie direkt vor Ort, im eigenen Land, in der eigenen Region erzeugt wird? Genau das sieht die dezentrale Biowasserstoffwirtschaft vor. Und Wasserstoff kann man genauso gut speichern, wie auch die zur Erzeugung benötigte Biomasse. Also eine doppelte Absicherung, um mögliche Ausfälle zu überbrücken.

Wenn die richtige Biomasse eingesetzt wird, dann steht diese auch nicht in Konkurrenz zu Lebensmitteln. Auch Ackerflächen gibt es mehr als genug. Und es wäre allemal besser, brach liegende Flächen für die Erzeugung von Biomasse zu nutzen und damit den Landwirten Gelegenheit zu geben, Geld zu verdienen, als ihnen Stilllegeprämien aus Steuergeldern zu zahlen, um die Lebensmittelpreise stabil (= hoch) zu halten und/oder nicht genutzte Flächen verwildern und versteppen zu lassen.

Strom und Wasser für die Wüste

Große Solarplantagen in Wüstengebieten kann man ja trotzdem errichten. Den Strom verwenden dann die Menschen in diesen Ländern, über kurze Leitungen mit geringen Verlusten. Damit kann man auch Meerwasser entsalzen und so Wüstengebiete fruchtbar machen. Das hilft den Menschen dort zu einem besseren Lebensstandard und gibt ihnen Unabhängigkeit. Außerdem hilft es, den Strom der Wirtschaftsflüchtlinge aus armen afrikanischen Ländern nach Europa einzudämmen. Wenn es in Afrika Strom, Wasser, Arbeit und genügend Nahrung gibt, dann wollen diese Menschen gar nicht mehr nach Europa und bleiben in ihrer Heimat.

Dass in Kalifornien Spiegelkraftwerke schon seit 20 Jahren zuverlässig arbeiten ist ein hervorragender Beweis für diese Technologie. Man sollte dieses Know-how nutzen. In Kalifornien wird damit Energie für Kalifornien erzeugt, was die Unabhängigkeit Kaliforniens stärkt. In Südspanien eingesetzt, kann Strom für Südspanien und für die mittleren Bereiche Spaniens erzeugt werden. Das stärkt die Unabhängigkeit Spaniens von Energieimporten. Solarmillenium ist mit dem Andasol-Projekt in Südspanien bereits auf dem besten Weg. Das ist gut!

Wenn man aber in fernen Wüstengebieten Strom erzeugt und diesen über tausende Kilometer lange Kabel verlustreich zu uns transportiert, dann geraten wir von einer Abhängigkeit in eine noch viel schlimmere! Das ist schlecht!

Nachdenken

Darüber sollten alle nachdenken, die das Wüstenstromprojekt ganz toll finden. Damit der Traum vom Wüstenstrom nicht zu einem Albtraum wird, der uns in eine düstere Zukunft der Unsicherheit und Abhängigkeit führt.

Darüber sollten all die Menschen nachdenken, die im nächsten Jahr zur Wahlurne gehen und ihre Stimme abgeben.

Wollen wir wirklich Politiker, die uns von einer Abhängigkeit in eine noch viel größere treiben - nur, weil es ihnen die Lobbygruppen massiv einflößen?

Wollen wir Verlängerungen für alte und marode Kernkraftwerke, wollen wir den Bau weiterer umweltschädlicher Kohlekraftwerke?

Wollen wir das alles - nur, weil es mächtige Lobbygruppen der Energieerzeuger gibt und (leider) sehr viele Politiker, die darauf hören?

Wenn wir das alles nicht wollen, dann sollten wir etwas dafür tun, dass diese für uns alle nicht sehr guten Umstände sich ändern. Zum Beispiel mit unseren Stimme bei den Wahlen im kommenden Jahr. Bestimmt gibt es noch genug von Lobbygruppen unbeeinflusste Politiker, die frei und unabhängig entscheiden können und sich für eine dezentrale Energieversorgung einsetzen und so dazu beitragen, dass wir wieder mehr Unabhängigkeit von Energieimporten erreichen. Es könnte sich lohnen, diese ausfindig zu machen und sie zu wählen.

Umweltschutz und CO2-Reduzierung sind ein gutes und lobenswertes Ziel. Aber doch nicht um den Preis einer neuen Superabhängigkeit. Vor allem, wenn es auch andere, bessere Lösungen gibt - dezentral und direkt vor Ort - wo dann auch die Arbeitsplätze vor Ort entstehen.

Es lohnt sich, darüber nachzudenken.

Für uns.

Für unsere Zukunft.

Für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.


Manfred Richey
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Im Wasserfall 2 • D-72622 Nürtingen • Tel.: +49 (0)7022 46 210
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©Copyright Manfred Richey, biowasserstoff-magazin.de

Dieser Beitrag ist auch als PDF verfügbar und darf für nichtkommerzielle Zwecke unter Angabe der Quelle unverändert verwendet werden. (Aktualisierte Ausgabe vom 01.03.2009)

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Strom gegen Biomasse – so geht’s nicht!

Der untaugliche Versuch der Energiewirtschaft, die Erneuerbaren Energien mit Wirkungsgrad-Debatten gegenseitig auszuspielen.

Karl-Heinz Tetzlaff

Dieser Artikel nimmt Bezug auf die in dieser Zeitschrift geführte Debatte von Herrn Bossel und Herrn Tetzlaff über Stromwirtschaft kontra solare Wasserstoffwirtschaft (Solarzeitalter 2/2005, 3/2005, 1/2006, 2/2006 und 3/2006). Im Artikel 2/2006 ging es darum, die Eigenschaften einer solaren Wasserstoffwirtschaft auf Basis Biomasse darzulegen und auf Missverständnisse zum Begriff „Wasserstoffwirtschaft“ hinzuweisen. Ulf Bossel daraufhin in 3/2006 ein Gegenmodell präsentiert, bei dem die landwirtschaftlichen Flächen mit Photovoltaikmodulen überbaut werden sollen, weil diese einen besseren Wirkungsgrad hätten als die Photosynthese der Pflanzen.

Eine solare Wasserstoffwirtschaft mit Biomasse ist der ärgste Feind der Energiewirtschaft, weil die Wasserstoffwirtschaft aus ökonomischen Gründen und wegen des hohen Potentials schon jetzt eine kostengünstigere Alternative zur real existierenden Energiewirtschaft ist. Das weiß auch Herr Bossel. Er versucht deshalb, dieses Konzept mit Wirkungsgrad-Debatten auszuhebeln. Das ist eindeutig die Handschrift der atomaren/fossilen Energiewirtschaft. Bei Erneuerbaren Energien geht es aber nicht um Wirkungsgrade, sondern um Nachhaltigkeit, Kosten und das Zeitfenster ihrer Umsetzung.

Wirrer geht’s nimmer

Herr Bossel schreibt in 3/2006 gleich zu Anfang auf Seite 60: „Zu keiner Zeit habe ich die Wasserstoffwirtschaft nur als eine Zwischenspeicherung von elektrischem Strom betrachtet.“ Seine Ablehnung der Wasserstoffwirtschaft gründet sich jedoch genau auf diese Zwischenspeicherung mit zentraler Umwandlung von Strom/Wasserstoff zu Wasserstoff/Strom, wie er wenige Zeilen weiter bekräftigt. Damit bezieht er sich eindeutig auf die unechte Wasserstoffwirtschaft, die eine Stromwirtschaft ist, weil letztlich Strom zum Kunden geliefert wird. Die Überlegenheit der Elektronenwirtschaft über die Wasserstoffwirtschaft begründete er von Anfang an (2/2005, Seite14) mit dieser falschen Vorstellung von einer Wasserstoffwirtschaft. Dort heißt es: „Die Umwandlung „grünen“ Stroms in Wasserstoff und dessen kommerzielle Nutzung sind jedoch mit hohen Verlusten verbunden. Wasserstoff und der daraus gewonnene Strom müssen deshalb immer teuerer sein als die direkt verteilte Elektrizität.“ Genau diese unechte Wasserstoffwirtschaft habe ich in 2/2006 Abb. 1 (oben) dargestellt und (wie Herr Bossel) als unsinnig bezeichnet. Herr Bossel gründet also sein Gedankengebäude auf ein Konzept, das hier gar nicht zur Debatte steht! Die Auseinandersetzung mit der echten Wasserstoffwirtschaft (2/2006, Abb. 3) scheut er dagegen wie der Teufel das Weihwasser. Zur Erinnerung: Eine echte Wasserstoffwirtschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Wasserstoff aus regionaler industrieller Erzeugung zum Endkunden (durch das ehemalige Erdgasnetz) ins Haus geliefert wird. Erst vor Ort erfolgt die letzte Wandlung zu Strom und Wärme. Das ist eine extrem dezentrale Nutzung, bei der keine Energie verloren geht. Von der Energie der geernteten Biomasse kommt so ca. 90% beim Verbraucher vor Ort an, die Hälfte davon in Form von Strom!

Effizienz und Glaubwürdigkeit

Statt die Energieketten mit spitzem Bleistift nachzurechnen, ergeht sich der Energiefachmann Bossel in wilden widersprüchlichen Behauptungen, bei denen wiederum die unechte Wasserstoffwirtschaft zu Grunde gelegt ist. Unbelehrbar zitiert er wieder seine alten Zahlen, die besagen, dass nur 25% der Primärenergie genutzt werden können und bewertet die Abb. 4 (in 2/2006) als zu optimistisch. Dabei gesteht er im gleichen Abschnitt der Biomasse bei Umwandlung „durch chemische Prozesse“ in Wasserstoff Verluste von 20% zu, die bei der üblichen Brennwerttechnik sogar zu einer Gesamteffizienz von ca. 92% führen würden (0,8 x 1,18 =0,94). Was soll man von einem solchen Energiefachmann halten, der sich selbst widerspricht und sich zugleich darin gefällt auf physikalische Fakten zu pochen?

Transportphilosophy und Glaubwürdigkeit

Herr Bossel begründet die Überlegenheit der Elektronenwirtschaft auch damit, dass die Verluste des Stromtransports mit 10% deutlich niedriger sind als die Energieverteilung in einer Wasserstoffwirtschaft. Das ist nicht richtig. Der Wasserstoff fließt vielmehr vom Systemdruck (25 bar) der regionalen Wasserstoff-Fabriken ohne weitere Nachverdichtung zu den regionalen Kleinverbrauchern, also verlustfrei. Natürlich muss der Privatkunde für die Bereitstellung des Rohrnetzes (Rohrmiete, Konzessionsabgabe, Messkosten, Vertriebskosten) einen Beitrag von ca. 0,7 ct/kWh bezahlen. Die Verteilung des Stroms kostet 10-mal mehr, auch wenn Herr Bossel behauptet, dass die Stromübertragung kostenlos sei (1/2006, S. 68). Es wäre sicherlich eine schöne Sache, den Haushaltsstrom für 5 ct/kWh zu beziehen. Wir sollten Herrn Bossel bitten, die Energiewirtschaft von seiner Erkenntnis zu überzeugen.

Abbildung 1 Eine echte Wasserstoffwirtschaft ist auf Verbraucherebene verlustfrei

Da eine Wasserstoffwirtschaft eine Energiewirtschaft mit Stromüberschuss ist, ist sie auf der Ebene der Verbraucher praktisch verlustfrei, denn man kann Strom jederzeit verlustfrei in Wärme umwandeln, umgekehrt geht das nicht.

Verluste entstehen aber bei der Umwandlung der Primärenergie in Wasserstoff. An dieser Stelle ist ein Bezug der Energie auf den Brennwert (Ho) angezeigt, weil die Gasversorger auch diesen Bezug benutzen und der Brennwert mit heutigen Brennwertgeräten sehr nahe an der tatsächlich genutzten Energie heranreicht. So betrachtet sind die Wirkungsgrade mit ca. 90% (Ho) bei der Primärenergie Strom und Biomasse in etwa gleich groß. Herr Bossel, als Fachmann für Elektrochemie, hat für die Elektrolyse einen Wirkungsgrad von 43% (Ho) ausgewiesen (2/2005, Seite 16). Das ist falsch. Aus der dort angegebenen Spannung von 1,76 Volt und der thermoneutralen Spannung von 1,48 Volt, lässt sich durch einfache Division mühelos ein Wirkungsgrad von ca. 84% (Ho) ermitteln. Mit modernen Elektrolyseuren sind Wirkungsgrade von über 90% (Ho) durchaus erreichbar.

Wasserstoff aus fluktuierendem „grünen“ Strom wäre gegenüber Wasserstoff aus Biomasse wettbewerbsfähig, wenn der Strom weniger als etwa 1 ct/kWh kosten würde – eine kaum zu erfüllende Bedingung. Atomstrom müsste weniger als 1,5 ct/kWh kosten (inklusive externer Kosten) – was noch weniger erfüllbar ist.

Biomasse ist zum Heizen da

So sieht es Herr Bossel und die Bayrische Landesregierung, z. B. Auf den ersten Blick ist das auch einleuchtend, weil es nur eine Umwandlung erfordert. Man könnte aber ins Grübeln kommen, wenn der Wasserstoff-Pfad einen höheren Wirkungsgrad und niedrigere Energiekosten aufweist als ein moderner Holzscheitofen. Als Zugabe gibt es Strom zum Wärmepreis, Bequemlichkeit und Emissionsfreiheit.

Herr Bossel setzt sich auch mit der Bilanzierung bei der Produktion der Biomasse auseinander. Dabei nutzt er wiederum die falschen Daten aus der unechten Wasserstoffwirtschaft und ignoriert, dass die echte Wasserstoffwirtschaft eine Kreislaufwirtschaft ist. Also alle Mineralstoffe kommen ohne zusätzlichen Energieeinsatz zum Nulltarif auf den Acker zurück. Nun gut, als Nicht-Verfahrensingenieur kann man das nicht wissen (er hätte es aber nachlesen können).

Treibstoffe aus Biomasse

Immerhin hat Herr Bossel noch eine Nische für die Umwandlung der Biomasse in gasförmige und flüssige Treibstoffe entdeckt. Er schreibt aber dazu in 2/2005, Seite 15: „Aus energetischer Sicht ist die chemische Wandlung von Biomasse in Methan, Methanol, Äthanol, Biodiesel usw. der Wasserstoffgewinnung immer deutlich überlegen.“ Dabei ist es doch umgekehrt, Herr Bossel. Um synthetischen Treibstoffe herzustellen, benötigt man zuerst viel Wasserstoff. Aus Wasserstoff und CO2 (bzw. CO) werden dann Treibstoffe hergestellt. Die Energieausbeute bei synthetischem Diesel (BtL) ist beispielsweise nur halb so hoch wie die Energieausbeute bei Wasserstoff. Wenn man berücksichtigt, dass ein Brennstoffzellenauto mit der gleichen Energiemenge im Europäischen Fahrzyklus etwa 6-mal weiter kommt als ein Fahrzeug mit synthetischem Diesel, können von einem Hektar Ackerfläche 12- mal so viele Brennstoffzellenfahrzeuge „ernährt“ werden wie BtL-Fahrzeuge. Wenn wir die Potentialbetrachtung einmal beiseite lassen, wäre BTL zu einem Preis von ca. 10 ct/Liter (netto) aber gegen Wasserstoff wettbewerbsfähig. Auch wenn man mir ein Königreich zur Lösung dieser verfahrenstechnischen Aufgabe versprechen würde: ich könnte BTL nicht zu diesem Preis herstellen.

Gerade auf dem Verkehrssektor zeigt sich die Überlegenheit der echten Wasserstoffwirtschaft. Das heißt aber nicht, dass hier die Priorität liegen sollte. Da Wasserstoff zum Heizen heute schon billiger ist als Erdgas, kann man das vorhandene Erdgasnetz wieder auf Wasserstoff umstellen. Das vormalige Stadtgasnetz (50-60% Wasserstoff), hat ja schon einmal Wasserstoff transportiert. Im Zuge dieser Umstellung können auch die Tankstellen mit Wasserstoff versorgt werden. Damit wäre das Henne-und-Ei-Problem von Brennstoffzellenfahrzeugen und Wasserstofftankstellen gelöst.

Photovoltaik gegen Biomasse

Es ist völlig unstrittig, dass Photovoltaikzellen das Sonnenlicht mit 10-20% besser ausbeuten als die Pflanzen mit 0,4-4% mittels Photosynthese. Das allein sagt gar nichts. Es kommt auf den Preis und die Verfügbarkeit rund um die Uhr, rund um das Jahr und auf eine Vollversorgung mit Energie an. Die Windenergie als Kompensation für die dunklen Stunden hat schon Mühe bei der Vollversorgung mit Strom, der nur 13% unserer Primärenergie ausmacht. Die Bioenergie kann bei Nutzung herkömmlicher Technologien noch nicht einmal den Treibstoffmarkt bedienen. Herr Bossel hat versäumt darzulegen, wie das im großen Stil ohne Wasserstoffwirtschaft gehen soll. Zum Preis gibt es aber ein sinngemäßes Zitat von ihm (2/2005, S. 17): „Aus Wasserstoff hergestellter Strom muss deshalb mindestens viermal so teuer sein, wie der Strom aus dem er hergestellt wurde.“ Die oberen Zehntausend könnten locker 2 €/kWh für Elektro- und Heizenergie bezahlen, die Gesellschaft als Ganzes würde daran aber zu Grunde gehen.

Die Effizienz-Debatte erinnert fatal an die Anfänge des Atomzeitalters als man uns vorrechnete, dass aus einem kg Uran mehr Energie herauszuholen sei als aus einem ganzen Güterzug voller Kohle. Es ist auch klar zu erkennen, dass die Energiewirtschaft den Einsatz fossiler Energieträger nur mit dem Versprechen der Effizienzsteigerung begründet. Dabei handelt es sich im Grunde nur um eine geschickte Image-Kampagne einer Entwicklung, die aus technisch ökonomischen Gründen auch ohne dieses Getöse stattfinden würde. Die Effizienzdebatte ist geradezu zu einem Markenzeichen der Energiewirtschaft geworden.

Solche Debatten auf die Photovoltaik übertragen, beschädigen nur die an sich hervorragende Vision dieser Technologie. Man sollte dieser Entwicklung Zeit und Geld geben, um dort angewendet zu werden, wo keine Infrastruktur für Strom oder Wasserstoff vorhanden ist oder nicht mit vertretbarem Aufwand hergestellt werden kann.

Wer suggeriert, man könne das Öl- und Klimaproblem mit Photovoltaik lösen, der argumentiert nicht seriöser als die Atomwirtschaft, die suggeriert, diese Probleme mit Kernenergie lösen zu können. Jedenfalls lässt sich das nicht im gebotenen Zeitfenster von 10-20 Jahren bewältigen. Die echte Wasserstoffwirtschaft lässt sich hingegen mühelos in diesem Zeitrahmen installieren. Nutzen wir diese Gelegenheit nicht, werden wir uns im totalen Krieg aller gegen alle befinden. Versuchen Sie mal Ihr (Nicht)Handeln vor Ihren Kindern zu begründen!

Naturschutz gegen Biomasse

Horrorszenarien von klimaschädlichem Pflanzenanbau und Versteppung der Landschaft sind Behauptungen wider besseres Wissen. Es ist vielmehr genau umgekehrt: Der Anbau von Energiepflanzen ist ein eindeutiger Gewinn für den Natur- und Landschaftsschutz und übertrifft in dieser Hinsicht sogar den ökologischen Landbau. Herr Bossel hätte nur den Experten Prof. Dr. Scheffer zu fragen brauchen. Als Mitglied des Redaktionsteams dieser Zeitschrift müsste er zu diesem EUROSOLAR-Vorstandsmitglied hervorragende Kontakte haben.

Der Stand der Dinge

Eine Energiewirtschaft, in der aus nasser Biomasse (Silage) eine Nutzenergie von ca. 90% erzielbar ist, die Strom im Überfluss beim Endkunden zu < 3,5 ct/kWh bereitstellt, sucht noch ihresgleichen! Alle dafür notwendigen Technologien sind verfügbar und hinreichend ausgereift. Das Potential der Biomasse in Europa reicht aus, um alle atomaren und fossilen Energien zu ersetzen. Zur Installation einer kompletten solaren Wasserstoffwirtschaft samt Erweiterung der notwendigen Infrastruktur wären für Deutschland etwa 35 Mrd. € aufzuwenden. Die Aufrechterhaltung des Status quo wird uns in den nächsten 15 Jahren dagegen mehr als 1.000 Mrd. € kosten. Schon an diesen Relationen ist abzulesen wie verlogen die Behauptungen der Energiewirtschaft sind, die Wasserstoffwirtschaft brauche ein halbes Jahrhundert oder mehr zu ihrer Einführung.

Worauf warten wir eigentlich? Warten wir auf die abschließende Kommentierung von Herrn Bossel mit „physikalischen Fakten“? Warten wir darauf, dass die Energiewirtschaft dem Konzept zustimmt? Warten wir......? Warten wir ...? Warten wir, bis wir ums Überleben kämpfen müssen?

Karl-Heinz Tetzlaff ist Dipl.-Ing. i. R. und Autor des Buches „Bio-Wasserstoff“. www.bio-wasserstoff.de Tetzlaff@bio-wasserstoff.de

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Wasserstoffwirtschaft statt Elektronenwirtschaft

Erneuerbare Energien und die Infrastruktur

Karl-Heinz Tetzlaff

Es stellt sich die Frage, ob die Energie mittels Elektronen oder mittels Wasserstoff zum Kunden transportiert werden soll. Eine Mischform, in der Wasserstoff nur als eineErgänzung zur Stromwirtschaft fungiert, ist grober Unfug, wie Herr Ulf Bossel in Solarzeitalter 2/2005 richtig festgestellt hat.

Kennzeichen einer Wasserstoffwirtschaft ist der Wechsel vom Sekundärenergieträger Strom zum Sekundärenergieträger Wasserstoff. Das ist in Hardware ausgedrückt, der Wechsel vom Draht zum Rohr. In unserer Energiewirtschaft sind beide Infrastrukturen vorhanden. Das heutige Erdgasnetz kann ohne grundlegende technische Modifikationen für den Transport von Wasserstoff genutzt werden. Das vorhandene Rohrnetz reicht für den Energietransport für Strom, Wärme und Verkehr aus.

Transportkosten

Für den typischen Haushaltstarif sind die Transportkosten für Strom ohne Steuern und Abgaben mit ca. 8 Cent/kWh doppelt so hoch wie die mittleren Stromerzeugungskosten mit ca. 4 Cent/kWh. Die Energietransportkosten von Wasserstoff über das Rohrnetz betragen dagegen ohne Steuern nur ca. 0,7 Cent/kWh. Der Energietransport mittels Rohrnetz ist einfach weniger aufwändig.

Die Abbildung soll den unterschiedlichen Aufwand für den Transport von Elektronen und Wasserstoff anschaulich machen. Die Wasserstoffleitung am Sockel des Mastes (Pfeil) ist maßstäblich eingezeichnet. Beide Systeme transportieren 600 MW.

Herstellkosten des Wasserstoffs

Wasserstoff kann, wie Strom, aus jeder Energieform hergestellt werden. Das einfachste Verfahren ist die Elektrolyse des Wassers. In der veröffentlichten Meinung wird dieses Verfahren als einzig vernünftige Wahl dargestellt. Folgerichtig wird dann behauptet, dass Wasserstoff immer teurer sein muss als Strom. Bis 2030 wird Strom aus erneuerbaren Energien immer teurer sein als ca. 5 Cent/kWh (Wup. Inst.).

Ein anderes Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff ist die thermochemische Vergasung von kohlenstoffhaltigen Energieträgern. Unsere Urgroßväter erzeugten mit diesem Verfahren Stadtgas aus Kohle, das ungefähr 60% Wasserstoff enthielt. Der Standardapparat für die Vergasung von Biomasse ist der Wirbelschichtreaktor. Diese Apparate werden auch in Großkraftwerken zur Verbrennung von Kohle eingesetzt. Es wird ein Vergaser daraus, wenn man die Sauerstoffzufuhr drosselt und etwas Wasser hinzufügt. Der Herstellpreis des Wasserstoffs wird überwiegend durch den Preis für Biomasse bestimmt. Der Landwirt in Deutschland würde mit einem Preis von 73 €/t Trockenmasse gut leben - ohne Subventionen.

Dieser Preis entspricht einem Energieäquivalent von 1,5 Cent/kWh oder 24 €/ Barrel Rohöl. Bei Vergasungsanlagen nach dem Stand der Technik und industrieüblicher Kalkulation kostet der Wasserstoff, bezogen auf den Heizwert, ca. 2,5 Cent/kWh, bezogen auf den Brennwert, ca. 2,1 Cent/kWh. Der Strompreis für die Elektrolyse müsste also deutlich unter 2 Cent/kWh liegen, um gegen Wasserstoff aus Biomasse konkurrenzfähig zu sein. Das gelingt weder mit grünem Strom noch mit schwarzem Strom – auch nicht mit Strom aus Kernspaltung oder Kernfusion.

Biomasse-Potential

Wenn wir auf subventionierte Agrarexporte verzichten, würde allein Biomasse aus Energiepflanzen ausreichen, um Europa (EU-25) vollständig mit Energie zu versorgen. Das Potential ist hier viel höher als das Potential in der Stromwirtschaft, weil auch nasse (grüne) Biomasse direkt vergast werden kann. Etwa 50% des Potentials kommt durch den Basiseffekt zustande, denn durch die höhere Effizienz der Wasserstofftechnologien kann die Hälfte der Primärenergie eingespart werden.

Wärmegeführte Energiewirtschaft

Für die Energiewandlung vor Ort werden in der Regel Brennstoffzellen eingesetzt. Da hierbei die Hälfte der Wasserstoff-Energie als Strom zu Verfügung steht, ist im gesamten System ein Stromüberschuss vorhanden. Strom lässt sich jedoch verlustfrei in Wärme wandeln. Die Wärme ist damit genauso kostbar wie Strom. Kennzeichen einer solchen wärmegeführten Energiewirtschaft ist also Dezentralität und verlustfreie Energiewandlung. Damit gibt es auch keine Verluste bei der Verdichtung des Wasserstoffs auf 700 bar an der Tankstelle oder der Elektrolyse von Strom aus erneuerbaren Energien.

Infrastruktur und Kosten

Eine Wasserstoffwirtschaft tritt nicht nur an die Stelle der Stromwirtschaft, sondern ersetzt auch den Handel mit Heizöl, Treibstoff und Fernwärme. Die Kosten für eine komplett neue Infrastruktur, also die Erweiterung und Ertüchtigung des Rohrnetzes sowie die Installation der Wasserstofffabriken, sind nicht höher als der Unterhalt der Strominfrastruktur für ca. 3 Jahre.

Wenn für die gleiche Nutzenergie in einer Wasserstoffwirtschaft nur halb so viel Primärenergie benötigt wird, wie in unserer Energiewirtschaft heute, heißt das auch, dass die Energie bei gleichem Preisniveau der Primärenergie auch nur halb so viel kostet. Die fossilen Energieträger kosten heute ungefähr doppelt soviel wie Biomasse. ... Bei volkswirtschaftlicher Betrachtung ist es sogar so, dass allein durch den Wegfall der Agrarsubventionen, fossile Energien auch geschenkt zu teuer sind. Das gilt auch für „schwarzen“ Wasserstoff.

In einer Wasserstoffwirtschaft könnte ein Privathaushalt Strom zum Preis von 3,2 Cent/kWh selbst herstellen. Die Wärme würde dann 2,7 Cent/kWh kosten. Die Preise verstehen sich ohne Steuern, jedoch mit Konzessionsabgabe. Dieses Beispiel zeigt, dass eine Wasserstoffwirtschaft sogar ohne Brennstoffzellen wettbewerbsfähig wäre. Es zeigt aber auch, dass eine Elektronenwirtschaft niemals wettbewerbsfähig werden kann. Selbst wenn es gelänge, Strom für 0,0 Cent/kWh herzustellen, würde Haushaltstrom noch etwa 8 Cent/kWh kosten. Diese 8 Cent/kWh gelten streng genommen nur dann, wenn der Strom „on demand“ hergestellt werden kann, was mit Sonne und Wind bekanntlich nicht möglich ist.

Eine Ergänzung der Wasserstoffwirtschaft mit erneuerbaren Energien, die primär als Strom geerntet werden, macht durchaus Sinn. Wasserstoff ermöglicht die Speicherung fluktuierender Energien und sorgt für einen sehr kostengünstigen Transport zu den Verbrauchern. Wasserstoff ist aber immer teurer als der Strom aus dem er mittels Elektrolyse hergestellt wird. Daher sind Sonne, Wind und Wasser nur dann eine Alternative zu Bio-Wasserstoff, wenn dass Potential für eine Vollversorgung mit Biomasse nicht ausreicht.

Grundsatzfragen

Das Denken in vorgegebenen Strukturen ist offenbar nicht zielführend. Wir müssen die Energiewirtschaft grundsätzlicher denken. Wir sollten den Wasserstoff nicht als Ergänzung oder Fortsetzung der heutigen stromgeführten Energiewirtschaft betrachten. Das kann nur im Misserfolg enden. Die andersartige Nutzung unserer Infrastruktur bringt eine Umkehrung der Verhältnisse: erneuerbare Energien sind dann billiger als atomare und fossile Energien und der Umwelt- und Klimaschutz kostet nicht mehr sondern weniger. Das alles kommt nicht von allein. Die reale Meinungsführerschaft der Energiewirtschaft hat auch in der Politik tiefe Spuren hinterlassen. Es geht ja auch um viel. Es geht um Sein oder Nichtsein, um Krieg oder Frieden.

Neue Erfindungen braucht man für die Wasserstoffwirtschaft nicht, auch nicht mehr Geld oder lange Zeithorizonte. Eine weitgehende Umstellung kann durchaus in wenigen Jahren vollzogen werden. Was wir brauchen ist Mut dem eigenen Verstand mehr zu trauen als den Einflüsterungen der Energiewirtschaft.

Dieser Aufsatz soll eine Debatte darüber anregen, ob eine solare Energiewirtschaft mit dem Sekundärenergieträger Wasserstoff eine wünschbare Zukunft für uns und die Welt sein kann.

Karl-Heinz Tetzlaff

Dipl.-Ing. für Energie- u. Verfahrenstechnik i. R. Die solare Wasserstoffwirtschaft wird in seinem Buch „Bio-Wasserstoff“, ISBN 3-8334-2616-0, ausführlich beschrieben. Mörikstr. 6; D-65779 Kelkheim ; www.bio-wasserstoff.de / tetzlaff@bio-wasserstoff.de

Dieser Aufsatz ist mit redaktioneller Überarbeitung von EUROSOLR erschienen in der Zeitschrift: Solarzeitalter 3/2005, Seite 18-19. Einleitend ist Bezug genommen zu einen Artikel von Ulf Bossel; „Elektonenwirtschaft“ statt „Wasserstoffwirtschaft“. Diesen Artikel können Sie downloaden unter: http://www.eurosolar.org/new/de/downloads/SZA_bossel.pdf

Klarstellung: Weil durch die im vorigen Satz erläuterte 'redaktionelle Überarbeitung' den Aufsatz nicht korrekt wiedergibt (also verfälscht!), ist dieser hier in Originalversion dargestellt.

Möge sich bitte jeder, der klar denken kann, seinen eigenen Reim darauf machen!

Manfred Richey

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Bringen wir doch einfach den Mut auf, dem eigenen Verstand mehr zu trauen
als den Einflüsterungen der Energiewirtschaft!

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